Jüdisches Leben in Hagenbach
In Hagenbach nahm die jüdische Geschichte in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ihren Anfang, ihr Ende fand sie im Jahr 1938.
In den Jahren 1638/39 wurden die ersten jüdischen Einwohner in Hagenbach urkundlich erwähnt. In einer Beschreibung des Rittergutes Hagenbach aus dem Jahr 1718 wurden 27 bis 28 jüdische Familien aufgeführt. Im Jahr 1811 erreichte der Anteil mit 53 % jüdischer Einwohner seinen Höchststand. Bei Einführung der Matrikel (Liste wohnberechtigter Juden) im Jahr 1813 wurde für Hagenbach eine Normzahl von 46 Familien festgelegt, diese Zahl wurde jedoch 10 Jahre später auf bis 55 zulässige Familien erhöht.
Ernähren kann sich der Großteil der Juden in Hagenbach vom Handel, so waren im Jahr 1824 gar 14 Hausierer, aber auch neun Botengeher registriert.
Hagenbach scheint eine bedeutende Rolle als jüdische Gemeinde eingenommen zu haben, denn bereits im Jahr 1658 wurde sie zum Sitz einer der fünf Kreise des Landesrabbinats Bamberg bestimmt und 1825 sogar zum Bezirksrabbinat erhoben.
Allerdings begann bereits 1839 mit der Auswanderung einer siebenköpfigen Familie nach Nordamerika eine wahre Heimatflucht, die ab 1850 weiter stark zunahm. So wanderten in diesem Jahr auch ein Abraham Hutzler (geb. 1811 in Hagenbach; gest. 1889 in Richmond, Virginia) und seine Verlobte Yetta Mühlhauser (geb. 1814 in Hagenbach; gest. 1888 in Richmond, Viginia) nach Amerika aus und heirateten dort, was ihnen aufgrund der Matrikel in ihrer Heimat verboten war.
Zudem fanden viele in den Städten bessere Lebensbedingungen vor, insbesondere junge Menschen zogen daher nach Forchheim, Nürnberg, Fürth und Bayreuth.
Ab dem Jahr 1873 wurde es immer schwerer den Minjan (mind. 10 im religiösen Sinne mündige männliche Juden) einzuhalten um einen vollständigen jüdischen Gottesdienst abhalten zu können. In der Folge wurde das Rabbinat Hagenbach 1894 aufgelöst. Da die Zahl der jüdischen Einwohner immer weiter zurückging, folgte 1911 die Vereinigung mit der Kultusgemeinde Wannbach.
Nach dem Tod von Abraham Hutzler (geb. 1849 in Hagenbach) im Jahr 1934 – er wird als letzter auf dem Judenfriedhof Hagenbach beigesetzt – blieben nur noch zwei ältere Ehepaare, Isidor und Lina Seiferheld und Lehmann und Jette Mai, übrig. In der Reichspogromnacht wurden diese letzten vier jüdischen Einwohner Hagenbachs von SS-Leuten weggebracht.
Die beiden jüdischen Privathäuser (Hausnummern 36 und 40) wurden im Anschluss von randalierenden Nazis geplündert, die Möbel zerschlagen. Verständnislos verfolgten die Hagenbacher das Geschehen. Anna Löw, die Frau des damaligen Bäckers, stellte sich den Zerstörern in den Weg. Sie wurde daraufhin die halbe Nacht verhört und bekannte sich zu den guten Beziehungen zu den jüdischen Ehepaaren. Der nationalsozialistische Ortsgruppenleiter und damaliger Pretzfelder Bürgermeister Pius Leber setzte sich für sie ein und bewahrte sie vor so einer Verhaftung.
Bereits seit 1687 ist eine sogenannte Judenschul oder auch Bethaus im Hagenbacher Schlosshof belegt. Ab 1727 besaß die Gemeinde eine selbst erbaute Synagoge, welche im Jahr 1827 um ein Gemeinde- und Schulhaus mit Lehrerwohnung erweitert wurde.
Im Erdgeschoss, der gegen Osten gerichteten Frontseite der Synagoge, ragte zwischen zwei Bogenfenstern der überdachte Raum für den Thora-Schrein hervor. Später kam eine externe Vorhalle hinzu, unter deren Baldachin die jüdischen Trauungen vollzogen wurden.
Im Jahr 1924 übernahmen einige jüdische Familien das Gotteshaus, im Jahr 1938 wurde die Synagoge mit der Schule an die Familie Horlamus verkauft, um einem von den NS-Behörden beabsichtigten Abriss zuvorzukommen. Obwohl das Gebäude nicht mehr in jüdischen Händen war und keine gottesdienstliche Funktion mehr hatte, wurde das Gebäude in der Reichspogromnacht durch ortsansässige und auswärtige Mitglieder der NSDAP verwüstet und sämtliches Inventar der Synagoge auf die kleine Insel in der Trubach am Ortsrand gebracht und dort verbrannt. Das Gebäude sollte damals auch noch verbrannt werden, aufgrund der Gefährdung naheliegender Häuser und Scheunen unterblieb dies aber. Der Bau wurde im folgenden Jahr abgetragen, der Grund als Garten verwendet. Heute steht dort eine Garage.