Markt Pretzfeld in der Fränkischen Schweiz

Jüdisches Leben in Wannbach

Jüdisches Leben in Wannbach

Schon Ende des 16. Jahrhunderts lassen sich vier jüdische Familien in Wannbach nachweisen. Ihre Anzahl steigerte sich Mitte des 19. Jahrhunderts auf 17 Familien mit ca. 90 Personen. Dies entsprach einem jüdischen Bevölkerungsanteil von ca. 32 %. Damit war das Maximum erreicht, denn aufgrund behördlicher Maßnahmen (Judenedikt von 1813) durften keine weiteren jüdischen Familien ansässig werden. Außerdem standen ihnen nun die Städte wieder offen und viele wanderten ab dieser Zeit auch nach Amerika aus.

1907 lebten nur noch sieben jüdische Personen im Ort. Der letzte noch hier verbliebene Jude, Ernst Wollner, wurde in der Reichspogromnacht 1938 von SA-Leuten abgeholt.

Ihren Lebensunterhalt verdienten die hiesigen Juden vor allem durch den Handel mit Schnittwaren, Spezereien, Häuten und Tieren. Bekannt war der Ort für seinen jüdischen Viehmarkt. Dieser fand im Hofraum des einzigen und heute noch existierenden Gasthauses statt. Nach dem Judenedikt von 1813 sind auch Berufe wie Metzger, Schneider, Zeugmacher, Weber und sogar Landwirte belegt. JOSEF SEITZ spricht den jüdischen Wannbachern  – mit ihren jetzt größeren Berufsmöglichkeiten gegenüber den meist ausschließlich Landwirtschaft betreibenden Christen – einen wirtschaftlichen Aufschwung des Ortes zu. REINHOLD GLAS schreibt:  „Der hohe jüdische Bevölkerungsanteil war wohl maßgeblich daran beteiligt, dass sich im frühen 19. Jh. in Wannbach ein wichtiger ländlicher Umschlagplatz für die verschiedensten Waren gebildet hatte.“

1765 entstand ein sogenannter „Judenhof“, da der neue Besitzer des Wannbacher Schlosses, Graf von Seinsheim, das Schloss drei Juden als Erbzins-Lehen überließ. Damit wurde der „Rahmen kümmerlicher Wohnverhältnisse“ (SEITZ) in kleinen, sogenannten Tropfhäusern gesprengt, denn es konnten drei Wohnungen eingerichtet und damit die vorherige Enge beseitigt werden. Bedeutend für das jüdische Leben war in diesem Zusammenhang die Erlaubnis, im Hofraum eine Synagoge mit Vorsängerwohnung zu bauen.

Diese Synagoge wurde 1770 fertiggestellt und diente ca. 150 Jahre der jüdischen Gemeinde für Gottesdienste. Da es 1907 keine zehn im religiösen Sinne erwachsene Männer (Minjan) mehr gab, wurden die jüdischen Gemeinden Hagenbach und Wannbach  1911 zusammengelegt. 1919 ging das Synagogengebäude dann in den Privatbesitz von Ernst Wollner über. Dieser nutzte es als Scheune. In der Reichspogromnacht 1938 wurde es im Inneren beschädigt und kurz darauf abgerissen.

Auch von den drei früher vorhandenen jüdischen Ritualbädern ist keines mehr erhalten: weder die Mikwe im Keller des Schlosses, noch die im Haus mit der heutigen (2024) Hausnummer 20. Die dritte befand sich im Haus mit der aktuellen Nummer 14, damals noch 31, später 32.

Das ehemalige Viehhaus gegenüber der Gastwirtschaft Mühlhäuser wurde zum Wohnhaus für jüdische und christliche Familien. 1965 fiel es der Straßenverbreiterung nach Urspring zum Opfer.

Die Toten der Gemeinde wurden anfangs auf dem jüdischen Friedhof in Pretzfeld und ab 1737 auf dem von Hagenbach beerdigt.

Das Einzige, was in Wannbach auf das einstige jüdische Leben hinweist, ist die 2020 angebrachte Gedenktafel auf dem Platz, auf dem früher die Synagoge stand (gegenüber dem Gasthaus Mühlhäuser in Richtung Urspring).

Aus der Zeit des jüdischen Lebens in Wannbach ist noch das Schlossgebäude erhalten, welches über eine Reihe von Besitzern 1894  von der Familie Mühlhäuser (Vorfahren des heutigen Gastwirtes) zu zwei Dritteln erworben werden konnte, das restliche Drittel dann erst 1986. Viele Häuser, in denen früher Juden wohnten, sind baulich überformt.

Grundstück der ehemaligen Synagoge mit Gedenktafel und ehemaligem Schloss