Markt Pretzfeld in der Fränkischen Schweiz

Ortsgeschichte

850 Jahre Pretzfeld und die Urkunde

Pretzfeld –
Ein Blick in die Geschichte, Lage, Name, frühe Besiedlung

Pretzfeld liegt unweit der Einmündung der Trubach („trübe Ache“) in die Wiesent. Der in vielen Varianten erscheinende Ortsname wird nach neueren Forschungen von „Brett“ und „Feld“ abgeleitet. So könnte eine mögliche Deutung „Siedlung beim brettförmigen Feld“ sein. Für eine erste Ortsgründung können vielleicht die Thüringer verantwortlich gemacht werden, die nach dem Ende des Hunnenreiches das bedeutendste Germanenreich außerhalb des untergegangenen Römischen Reiches errichteten. Das Anfang des 6. Jhs. n. Chr. blühende Thüringerreich wurde jedoch schon 531 von dem mächtigen Volk der Franken („die Freien“) vernichtet. Die folgende, ostwärts gerichtete fränkische Landnahme erreichte bis 680 die Regnitz. An der Stelle, wo die Wiesent in die Regnitz einmündet, entstand in der Mitte des 8. Jhs. der Königshof (Pfalz) Forchheim. Diese Pfalzen (von lateinisch palatium, „Palast“, „Residenz“) dienten den ständig auf Reisen befindlichen Herrschern des Früh- und Hochmittelalters als Standquartiere, in denen sie Unterkunft und Verpflegung fanden. Um die Königshöfe herum entwickelten sich jeweils Gruppen kleinerer Höfe als landwirtschaftliche Zulieferbetriebe. Pretzfeld wird zwar im Zusammenhang mit der Forchheimer Pfalz nicht ausdrücklich erwähnt. Die landesgeschichtliche Forschung setzt jedoch die Entstehung von Ortschaften, deren Name auf „-feld“ endet, so auch Hollfeld und Waischenfeld, in diese Epoche.

Slawen und Slawenkirchen

Etwa gleichzeitig mit der fränkischen Landnahme drangen im 7. und 8. Jh. slawische Volksgruppen (Wenden) nach Westen vor. Dabei wird es sich nur um kleinere Einheiten gehandelt haben, die sich hier und dort niederließen. Gleichwohl wurde ihr Siedlungsraum in den lateinischen Quellen als terra („Land“) oder regio („Gebiet“) bezeichnet. Schon Karl der Große hatte den Würzburger Bischof Berowelf und seine beiden Nachfolger beauftragt, die zwischen Main und Rednitz siedelnden Slawen zu bekehren. Zu diesem Zweck sollte der jeweilige Bischof gemeinsam mit den zuständigen Grafen 14 Kirchen errichten, in denen die Wenden getauft werden, Predigten hören und die Messe feiern konnten. Da Pretzfeld wie Würzburg unter dem Patronat St. Kilians steht, lag seine Gleichsetzung mit dem Ort einer jener Kirchen zumindest nahe. Diese noch Mitte des 20. Jhs. vertretene Vorstellung ist jedoch immer mehr in die Kritik geraten. Zumindest kann kein Beweis dafür erbracht werden, dass die Pretzfelder Pfarrkirche noch zu Lebzeiten Karls, also spätestens im frühen 9. Jh., entstand.

Mit dem Tod von Karls Sohn, Kaiser Ludwig „dem Frommen“ 840, fiel das gewaltige Frankenreich auseinander. Sein West- und Ostteil wurden indessen noch lange nicht „Frankreich“ und „Deutschland“ genannt, sondern „West“- und „Ostfranken“. Ebenso ist die Bezeichnung des ostfränkischen (und ersten „deutschen“) Königs als „Ludwig der Deutsche“ nicht zeitgenössisch. Dennoch muss gerade er als eine wichtige Gestalt für Pretzfelds Frühgeschichte angesehen werden. Spätestens in seine Regierungszeit (840 – 876) fällt die Gründung der dortigen Kirche als Urpfarrei.

Ersterwähnung, Hoch- und Spätmittelalter

Bei all den Spekulationen, die man über die Frühzeit des Ortes anstellen mag, bleibt immer im Auge zu behalten, dass von Pretzfeld selbst in den zeitgenössischen Berichten nie die Rede ist. Erst im Jahre 1145 taucht der Ortsname erstmals in einer Urkunde auf: Pfarrer Werenher von Bretevelth (= Pretzfeld) löste den Zehnt der Pfarrei Pretzfeld ein, der von zwei namentlich erwähnten Adeligen viele Jahre lang einbehalten worden war.

Das Umfeld des Jahres 1145

Außer Egilbert (Bischof von Bamberg 1139 – 1146) kann keine der in der Urkunde erwähnten Personen überregionale Bedeutung beanspruchen. Dass sich der in ihr dokumentierte Vorgang trotzdem nicht in einem örtlichen und zeitlichen Niemandsland abspielte, zeigt ein Blick auf die Geschichte der Epoche: Wir befinden uns in den Anfängen des staufischen Zeitalters, das lange als glanzvollste Epoche des deutschen Mittelalters galt. Konrad III., seit 1137 erster staufischer König, hatte sich freilich noch der Welfen zu erwehren, die mit ihm um die Herrschaft konkurrierten. In diesem Zusammenhang ist besonders die Schlacht bei Weinsberg zu erwähnen, der seit November 1140 ausgefochtene Kampf um eine unweit der Partnergemeinde Bretzfeld gelegene Burg. Sie ist durch ihre weiblichen Einwohner bekannt geworden, die „Weiber von Weinsberg“, die vor König Konrad auf freien Abzug kaptulierten und durch einen Verfahrenstrick auch noch ihre Männer retteten.

In die staufische Epoche und die Jahrzehnte danach fällt das erste nachweisbare Auftreten einer Adelsfamilie, deren Schicksal eng mit dem Ort verknüpft war. Es handelt sich um das Bamberger Ministerialengeschlecht „von Pretzfeld“, dessen Angehörige sich nach der Ortschaft nannten, in der sie ansässig waren. Sie traten erstmals 1182 mit Hademar de Bretevelt in den Urkunden auf und erloschen nach 1304 mit Praun de Pretfelt im Mannestamm. Einige Jahrzehnte nach ihrem Aussterben schoben sich die Freiherren von Wiesenthau in den Vordergrund, deren erster Pretzfelder Vertreter, Wilhelm von Wiesenthau, 1371 erwähnt wird. Möglicherweise bewohnte er bereits ein Vorläufergebäude des späteren Ansitzes auf dem Schlossberg. Über hundert Jahre später, 1483, trugen seine Nachkommen ihren bisher freieigenen Besitz dem Hochstift Bamberg zu Lehen an. 1522 verkaufte ein späterer Wilhelm von Wiesenthau das Rittergut an seinen Schwager Endres (Andreas) Stiebar.

Reformation und Dreißigjähriger Krieg

Die Reichsritter Stiebar (auch Stibar, Stieber) von und zu Buttenheim sind mit Sicherheit diejenige Adelsfamilie, die die meisten Spuren im Ort hinterlassen hat. Mit ihren Besitzungen in Pretzfeld, Wolkenstein und Hagenbach zählten sie vom 16. bis zum 18. Jh. zum Kanton Gebirg des Ritterkreises Franken im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Ihre faktische Herrschaft über den Ort begann allerdings damit, dass ihr Ansitz drei Jahre nach seiner Erwerbung (1525) ein Opfer des Bauernkrieges wurde. Gut hundert Jahre später ereignete sich eine ganz ähnliche Katastrophe: Die Schlossherrschaft, die sich zum Missfallen ihres bischöflichen Lehensherrn der Reformation angeschlossen hatte, wurde in die Wirren des dreißigjährigen Krieges hineingezogen. So rettetete sich der damalige Besitzer Hans Christoph Stiebar im November 1635 mit seiner Familie nach Nürnberg, da sich mordende und brennende kaiserliche Truppen näherten. Tatsächlich wurde das Schloss dann am 12. und 23. des Monats übel geplündert. Hans Christoph Stiebar, der später in Würzburg und Schweinfurt Zuflucht gesucht hatte, starb 1635 in Forchheim. Erst nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges erhielt sein Sohn Georg Pankraz den Pretzfelder Besitz zurück, der seinem Vater auch offiziell wegen Hochverrats aberkannt worden war.

Die Epoche des Bierkrieges

Tatsächlich wurde das Pretzfelder Leben in der frühen Neuzeit weniger durch überegionale Ereignisse wie Glaubenskriege und andere Kämpfe um die Vorherrschaft im niedergehenden Alten Reich bestimmt. Prägend waren eher örtliche Auseinandersetzungen, deren bekannteste der Bierstreit mit Ebermannstadt darstellt. In diesem Zusammenhang war den Bewohnern des Nachbarortes schon 1513 schriftlich bestätigt worden, dass die Pretzfelder nicht befugt seien, „zu mälzen und zu bräuen“. Vielmehr seien sie verpflichtet, ihr Bier aus Ebermannstadt zu beziehen. Diese Vorschrift wurde offenbar von der Pretzfelder Schlossverwaltung missachtet, indem diese nicht nur für das Schloss brauen, sondern auch die örtlichen Wirtshäuser beliefern ließ. Im Gegenzug überfielen die Ebermannstädter am 6.9.1690 das Pretzfelder Schloss, zerschlugen die Brauerei und schütteten etwa zwanzig Eimer Bier aus. Ein jahrzehntelanger Prozess in dieser Angelegenheit zwischen Ebermannstadt und Pretzfeld vor dem Reichskammergericht scheint der Position der Ebermannstädter zum Durchbruch verholfen zu haben. Das stiebarische Urbar (Besitzverzeichnis) von 1729 deutet an, dass in der Schlossbrauerei nur noch für den Eigenbedarf gebraut werden durfte.

Ein Baupfusch-Prozess des 18. Jahrhunderts

Als Pretzfelder Pfarrkirche diente bis ins 18. Jh. ein Gebäude mit einem Chorturm, der ein hölzernes Obergeschoss hatte, das mit einem vierseitigen Turmhelm gedeckt war. Unter der Leitung des Bamberger Architekten Ingenieur-Leutnant Johann Jakob Michael Küchel sollte der Turm um ein Geschoss erhöht werden. In der Nacht zum 22.9.1739 stürzte der bis auf Knopf, Kreuz und Dachdeckerarbeiten bereits vollendete Glockenturm in sich zusammen und zerstörte die Kirche und einige Nebengebäude. Daraufhin wurde, wiederum von Küchel geplant, ein vollkommen neues Gebäude im Stil des späten Barock errichtet, das heute zu den schönsten Landkirchen zählt. Die Bauarbeiten zogen sich zwanzig Jahre lang (1742 – 1761) hin, parallel dazu lief ein Prozess gegen Küchel, der für den Turmeinsturz verantwortlich gemacht wurde. Erst ein Vergleich am Reichskammergericht Wetzlar vom 25.6.1762 beendete diesen Rechtsstreit.

Unter den Grafen von Seinsheim

Obwohl das Wirken der Familie Seinsheim in Pretzfeld nur knapp neunzig Jahre Jahre dauerte, hat auch diese recht deutliche Spuren in der Ortsgeschichte hinterlassen. Dies mag zum einen daran liegen, dass sie ihr Wesen in einer historisch gut belegten Epoche trieben, zum anderen daran, dass sie eben die letzten „Feudalherren“ im Ort gewesen sind. Schon ihre dortige „Machtübernahme“ spielte sich noch ganz in den Formen des Lehenswesens ab: Am 14.6.1762 war Johann Georg Christoph Wilhelm Stiebar unter Hinterlassung mehrerer weiblicher Angehöriger, aber ohne einen männlichen Erben verstorben. Das Rittergut Pretzfeld fiel demnach gemäß Lehensrecht an das Hochstift Bamberg heim.

Fürstbischof von Bamberg war 1757 bis 1779 Adam Friedrich Graf von Seinsheim. Dass er sich bei der Wiedervergabe des Lehens für den eigenen Bruder entschied, mag niemanden überrascht haben. Immerhin wird diesem Joseph Franz Maria Grafen von Seinsheim, einem kaiserlichen und kurpfälzischen bayerischen Geheimrat, nachgerühmt, dass er sich in einer Prozessangelegenheit um das Hochstift verdient gemacht hatte. Auch die Witwe, die Schwester und die drei Töchter des verstorbenen Stiebar wurden nicht einfach auf die Straße gesetzt, sondern mit Rentenzahlungen und Austeuern abgefunden. In die Zeit der Pretzfelder Schlossherrschaft der Familie Seinsheim fällt das Ende des Alten Reiches (1806), nachdem das Hochstift Bamberg schon vorher (1802) seiner weltlichen Machtstellung entkleidet und dem neugeschaffenen Königreich Bayern (1805) zugeschlagen worden war. Ein Vierteljahrhundert später (1830) beehrte das bayerische Königspaar Pretzfeld mit seinem Besuch, was anscheinend als eine Art Jahrhundertereignis empfunden wurde. Mit dem Ende der Feudalherrschaft in Bayern (1848) wurden die Grafen von Seinsheim nicht nur wie bisher Besitzer, sondern auch offizielle Eigentümer ihrer Pretzfelder Liegenschaften. Der einzige Vorteil, den sie daraus zogen, bestand allerdings darin, den Schlossbesitz aus einer finanziellen Notlage heraus vier Jahre später an den Nürnberger Großhändler und Bankier Joseph Kohn verkaufen zu können.

Das Pretzfelder Wappen

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Der Streit um das Marktrecht

Die innere Verwaltung des Ortes oblag nachweislich seit dem späten Mittelalter sogenannten „Viertelmeistern“. Ein halbes Jahrhundert lang, 1819 – 1869, amtierten „Gemeindevorsteher“, die faktisch bereits als Bürgermeister anzusehen sind, auch wenn diese noch heute gebräuchliche Amtsbezeichnung erst durch die bayerische Gemeindeordnung vom 29.4.1869 offiziell eingeführt wurde. Zu welcher Art von Gemeinden Pretzfeld gehörte, war nicht unumstritten. Die darum ausgetragenen Konflikte erinnern lebhaft an die Ereignisse im Bierkrieg, auch wenn es nicht mehr zu Fällen physischer Gewaltanwendung kam. So war gerade im Jahr des Endes der Feudalherrschaft, 1848, eine Streitsache zwischen Pretzfeld und Ebermannstadt anhängig, in der es um die Erhebung des Marktstandgeldes ging. Dabei wurde von Seiten der Ebermannstädter vorgebracht, dass die Gemeinde Ebermannstadt „vor undenklicher Zeit“ der Gemeinde Pretzfeld zwei ihrer Märkte „aus losem guten Willen“ ohne irgendeine Verbindlichkeit zugestanden habe. Im weiteren Prozessverlauf bestritt Ebermannstadt sogar, dass Pretzfeld ein Marktflecken sei und drohte damit, seine Märkte zurückzuziehen. Erst Anfang 1857 erging ein Gerichtsbeschluss, der Pretzfelds Marktrecht bestätigte, wobei das Dorf ausdrücklich als ein „großer und sehr frequenter Ort“ bezeichnet wurde.

Eine oberlehrerhafte Ermahnung an die lieben Pretzfelder

„Ich hätte nur gewünscht, daß meine lieben Landsleute … fortan … von dem Streben sich hätten leiten lassen, ihrem so hübsch gelegenen Heimatorte durch bessere Instandsetzung und Verschönerung der Wohnhäuser … auch äußerlich das Gepräge eines Marktes zu geben.“Oberlehrer a. D. Hans Haas, 1936

Text: Mar­tin Schott­ky